Lärmprobleme

Schutz vor Lärm: Gericht droht Stadt mit Beugehaft

Wenn auf dem Marienplatz gefeiert wird, soll die Verwaltung die Einhaltung der Lärmwerte sicherstellen. Diskussion um stadtweite Regelung.
Schützenfeste, Märkte, Partys – wenn bis in die Nacht hinein gefeiert wird, dann ist es manchmal lauter als erlaubt. Das Umweltamt erlässt deshalb Ausnahmeregelungen für einzelne Veranstaltungen und setzt dabei die Rahmenbedingungen fest. Die FDP schlägt jetzt eine Änderung vor: Sie bringt eine generelle Regelung für Krefeld ins Spiel, damit insbesondere für Brauchtumsveranstaltungen nicht jedesmal neue Genehmigungen eingeholt werden müssen.

Der Lärm bei öffentlichen Veranstaltungen wird immer häufiger zum Streitpunkt: „Der Polizei sind im vergangenen Jahr 3800 Ruhestörungen gemeldet worden“, so Helmut Döpcke, Leiter des städtischen Fachbereichs Umwelt, im Ordnungsausschuss. Wenn sie größere Veranstaltungen betreffen, bereitet das den Veranstaltern aber zunehmend Probleme.

Prominentes Beispiel: Die Prinzengarde, die nach Klagen aus der Nachbarschaft am Bockumer Zeughaus nur noch zehn Tage im Jahr feiern darf und sich jede Veranstaltung genehmigen lassen muss. Sie hat sämtliche Termine nach Aschermittwoch abgesagt. „Dabei ist es auch geblieben, wir haben noch nicht anders entschieden“, sagt Prinzengarde-Präsident Rainer Küsters. „Wir werden uns im Rahmen der Brauchtumspflege beim Bockumer Schützenfest einbringen. Inwieweit das Zeughaus dabei eine Rolle spielt, ist von der Verwaltung aber noch nicht entschieden.“

Foto: Jochmann

Verzweifelt sind auch die Fischelner Schützen: Wenn sie auf dem Marienplatz feiern, dann müssen die Lärmimmissionen genau überwacht werden. Das hat gerade erst das Oberlandesgericht in Düsseldorf festgelegt und die Stadt verpflichtet, die Einhaltung der Lärmgrenzen zu den vorgegebenen Zeiten sicherzustellen. „Für den Fall der Zuwiderhandlung ist uns sogar Beugehaft angedroht worden“, sagt Döpcke zu der aktuellen Entscheidung.

Wenn auf dem Marienplatz gefeiert wird, dann messen teilweise sogar drei Parteien unabhängig voneinander die Lärmimmissionen: Ein Anwohner, der Klage gegen die Stadt geführt hat, die Stadtverwaltung und sogar die Schützen selbst. Döpcke macht aber deutlich, dass es kaum möglich sei, jedesmal Personal zur Überprüfung abzustellen.

Einer generellen Ausnahmeregelung für Veranstaltungen stadtweit, die in einer Verordnung festgelegt werden könnte, steht der Amtsleiter skeptisch gegenüber. Denn sie würden vielen Veranstaltern möglicherweise Nachteile gegenüber Einzelgenehmigungen bringen. So zeigt die Praxis anderer Städte mit solchen Verordnungen, dass dort beispielsweise nach 23 Uhr grundsätzlich kein Lärm mehr erlaubt ist. Damit würde man aber vielen Veranstaltungen nicht gerecht. Denn laut Döpcke ist es Freitag und Samstag abends durchaus möglich, Ausnahmen vom Schutz der Nachtruhe bis 0 Uhr, in Extremfällen sogar bis 1 Uhr, zuzulassen. Dabei gilt die Regel, dass an einem Ort höchstens an zehn Tagen lärmintensive Veranstaltungen stattfinden dürfen.

Kritik übt FDP-Fraktionschef Joachim C. Heitmann, dass die Veranstalter auf Einzelgenehmigungen meist lange warten müssten: „Manchmal kommen die in letzter Sekunde.“ Helmut Döpcke schildert allerdings, dass sich die Antragsteller oft selbst erst sehr spät bei der Stadt meldeten: „Da wird am Mittwoch die Genehmigung für Freitag erwartet. Das ist gängige Praxis.“ Und da sei beispielsweise bereits die Band gebucht, die bis 2 Uhr nachts spielen soll – ein Umstand, den der Gesetzgeber nicht dulde.

Regelung:
Zwischen 22 und 6 Uhr haben die Menschen ein Recht auf Nachtruhe. Acht Stunden Schlaf möchte der Gesetzgeber zugestehen. Ausnahmen können die Kommunen laut Landesimmissionsschutzgesetz erlassen, wenn ein so genanntes öffentliches Bedürfnis besteht. Das liegt in der Regel dann vor, wenn – wie es heißt – eine Veranstaltung auf historischen, kulturellen oder anderen sozialgewichtigen Umständen beruht.

Güterabwägung:
Bei einer Entscheidung über Ausnahmen ist in jedem Fall das Interesse der Allgemeinheit und das Schutzbedürfnis der Nachbarschaft abzuwägen. Dabei spielen vor allem Lage der Veranstaltung (Nähe zu Anwohnern), die Zahl der Betroffenen, Dauer der Veranstaltung und Häufigkeit ähnlicher Veranstaltungen eine Rolle. Aber auch die Art der Veranstaltung ist endscheidend. Brauchtumsveranstaltungen wie Schützen- oder Maifeste dienen der Förderung des örtlichen Zusammenlebens und genießen deshalb auch bei Ausnahmegenehmigungen großes Gewicht.

Verfahren:
Anträge auf Ausnahmen müssen beim städtischen Fachbereich Umwelt gestellt werden, der jeden Einzelfall prüft. Da es immer wieder vorkommt, dass Unterlagen nachgefordert werden, sollte man sich rechtzeitig an die Stadt wenden.
WZ: 15.06.2012